Mehrfamilienhaus / Geschosswohnbau

Paradiesvogel

Sanierungsjahr: 2019-2021
Ort: 1150 Wien

PROJEKTBESCHREIBUNG

Der goldene Paradiesvogel nimmt Bezug auf die am Altbestand aus 1903 angebrachte Beschriftung des Giebels „PARADIES-HOF” auf dem mittleren dreier als Ensemble errichteter Gebäude, dessen Erhalt aus Belichtungsgründen einen nutzbaren Dachzubau verhindert hätte. Eine höhere Gebäudehöhe wäre möglich, aus städtebaulichen Gründen wurde die Gesimsekante jedoch beibehalten. Neben einem starken Statement zum Holz-Wohnbau wurde mit dem Paradiesvogel eine neue Landmark auf den höchsten Punkt der Felberstraße gesetzt.

Die südorientierten Panoramafenster der 2 neuen, barrierefreien Wohnungen lösen die Grenze zwischen Außenraum und Innenraum fast auf und die Stadtlandschaft wird damit zu einem starken Identitätsort. Darüber hinaus wurden 7 der 8 Bestandswohnungen saniert und / oder adaptiert und 2 hofseitige Balkone errichtet.

Die Baufolgekosten des Paradiesvogels werden in einer 30-Jahres-Perspektive als „sehr niedrig“ eingeschätzt, ebenso allfällige Rückbaukosten. Umnutzungen, Mehrfachnutzungen und die alternsgerechte Wohnraumadaption sind integraler Bestandteil des Neubauprojektes. Da die öffentliche Anbindung des Standortes mit Bus, U-Bahn und Westbahn ideal für ein zukunftstaugliches Mobilitätsverhalten ist, wurde auf die Errichtung von Stellplätzen verzichtet. Im barrierefrei erschlossenen KG wurden Abstellflächen für Kinderwägen und Fahrräder geschaffen.

Die Hauptrolle im Projekt spielt möglichst naturbelassenes, sichtbares Holz. Neben der langfristigen CO2-Bindung und durch den hohen Vorfertigungsgrad ist es als Baustoff im Sinne der LCA (Lebenszykluskosten) unschlagbar. Der Einsatz von vorgefertigten Systemteilen bedeutet eine schnelle und ökologisch vorbildliche Baustellenabwicklung. Die Nettobauzeit von Bestandsabbruch Rohdach bis zur Fertigstellung des Edelrohbaus betrug bei diesem Projekt nur vier Wochen.

Erstmals wurde bei einem Wohnbau in Österreich die Dachkonstruktion mit weitspannenden Kielstegelementen ausgeführt, Bauhöhe = 28cm. Das auch erstmals in einem Wohnbau eingesetzte, innovative HGV-System UniGlas® FACADE der Schrägfassade wirkt durch die flächenbündige Verarbeitung extrem schlank und kommt einsatzgeprüft ohne Hinterlüftungs- und Entwässerungsebene aus. Der Verzicht auf eine Sekundärkonstruktion aus Metall sorgt nicht nur für eine um 43% verbesserte CO2-Bilanz, sondern auch für eine bessere Wärmedämmung. Als Dachhaut wurde 0,2cm bzw. 0,3cm Alucobond© aus ökologischer, europäischer Quelle als hoch witterungsfeste und korrosionsbeständige, langlebige Lösung gewählt.

Alle Wohn- und Arbeitsbereiche sind 2-seitig belichtet und belüftet. Ein smarter Technikeinsatz und die Verwendung von Sonnenschutzglas macht die Räume effizient, gesünder und schützt vor sommerlicher Überhitzung – die errichteten Splitgeräte kamen bisher auch an Tropentagen und mit höherer Personenanzahl/m2 kaum zum Einsatz. Die Raumschnitte sind sowohl für Wohnen als auch Arbeiten geeignet und flexibel nutzbar. Die kleinere Wohnung im DG1 wird z.B. derzeit als Bürostandort der baukult ZT GmbH genutzt, die größere als Familienwohnung.

Im Sinne des alternsgerechten Wohnens wurde dort, wo die jungen Bewohner:innen derzeit eine Rutsche vorfinden, die Möglichkeit des Einbaus eines Plattformliftes vorgesehen, außerdem sind beide Ebenen der Maisonettewohnung mittels Aufzug erschlossen.

Im Zuge der erfolgten Aufstockung wurde das Mehrparteienhaus generalsaniert: Fundamentertüchtigung, Stahlträgertausch im Keller, Fassaden- und Treppenhaussanierung, Erneuerung der Steigleitungen, Aufzugserrichtung, barrierefreie Erschließung und Lichtkonzept für die Allgemeinflächen, hofseitige Balkone, Fahrradabstellraum, Kellerabteile, Grüner Innenhof, bodengebundene Fassadenbegrünung, uvm.

Auch das Energiekonzept ist ganzheitlich und langfristig gedacht: Die Dachform ermöglicht – neben ansprechenden Raumhöhen im „Wohnloft“ – auch die 67 Grad Fensterfront und eine 40m2-PV- Anlage, und setzt auf Wärmepumpen und die bauphysikalischen und mikroklimatischen Vorteile der Dachbegrünung. Die Mitgliedschaft bei eFriends.at, einer Sharing Plattform für selbstproduzierten Strom, ergänzt das Gesamtkonzept.

Konstruktion
Holz trägt Stahl trägt Holz. In extrem materialschonender Leichtbauweise sind sichtbare Holzelemente und eine sichtbare Stahlkonstruktion effektiv, wirtschaftlich und klimaschonend kombiniert. Durch die weit gespannten Brettsperrholz- und Kielstegelemente werden neue konstruktive und ästhetische Maßstäbe im Holz-Wohnbau gesetzt.

Die Zwischendecke besteht aus 16cm-Brettsperrholzelementen die in die Stahlkonstruktion einlaufen. BSH-Träger übernehmen einerseits die Funktion von Überzügen und bilden andererseits die Tragkonstruktion für die schrägen Glasflächen an den Gebäudeseiten. Die Innenwände in die Konstruktion eingehängt und konnten in Holz-Sicht-Qualität belassen werden.

Das Mikroklima ist für alle Gebäudenutzer:innen optimiert, denn Lehmputze, Steinholz als Bodenbelag, unbehandeltes Brettsperr- und Kielstegholz sowie eine Grüne Wand verbessern Raumklima und Behaglichkeit im Innenraum. Auch ein maximierter Gründachflächenanteil durch ein hofseitig: intensiv begrüntes Flachdach und extensiv begrünte Steildächer mit 45° sowie eingebaute Pflanztröge auf den Freiflächen ermöglichen Artenvielfalt und Gartennutzung im Außenraum.

An den Fassaden wurden in Kooperation mit der Wiener Umweltabteilung Nisthilfen für diverse Arten von Gebäudebrütern angebracht. Im Rahmen der Aufzugerrichtung wurde eine Bodenverbesserung der hofseitigen Gartenflächen im Erdgeschoss durchgeführt, eine bereits vereinbarte, zukünftige Begrünung der Feuermauer des Nachbarhauses runden das Paket der mikroklima- und biodiversitätsbegünstigenden Maßnahmen für Mensch, Tier und Pflanzen ab.
Gute Nachbarschaft Wir messen den Erfolg eines Projektes neben der architektonischen Qualität, der gelungenen Umsetzung, Preisen und Publikationen, auch an der Reaktion der Mitbewohner*innen und Anrainer*innen bzw. an der langfristigen Wirkung auf die Hausgemeinschaft. Es wurde hier nicht nur im Bestand, sondern in einem durchgängig bewohnten Haus gebaut. Der Hausgemeinschaft wurden im Rahmen der Adaption und Sanierung des Bestandes proaktiv Mitsprache- und Partizipationsmöglichkeiten geboten und das Haus substanziell aufgewertet. Das Ausmaß der Lärm-, Licht- und Staubbelastung konnte durch die optimierte Bauzeit und ein transparentes Kommunikations- und Qualitätsmanagement auf ein Minimum reduziert und damit eine hohe Akzeptanz seitens der Hausgemeinschaft erzielt werden. Als Reaktion auf in der Vergangenheit erlittene Schäden durch Vandalismus im Haus wurde in Absprache aller Hausbewohner:innen zu Gunsten eines optimalen Beleuchtungskonzeptes der Allgemeinflächen auf eine Sicherheitstüre im Eingangsbereich verzichtet.

Projekt

Mehrfamilienhaus / Geschosswohnbau

Ort: 1150 Wien
Baujahr: 1903
Sanierungsjahr: 2019-2021
Maßnahmen: Sockelsanierung mit Dachzubau, Photovoltaikanlage und Kleinwindrad
Funktion: Wohnen

Projektbeteiligte:

baukult ZT GmbH: Architekturleistungen alle Phasen, Planungskoordination
brand Zivilingenieure und Architekten: Statik alle Phasen
Obkircher Plus - Ingenieurbüro für techn. Gebäudeausrüstung: Bauphysik alle Phasen
Ingenieurbüro gtprojekt GmbH: TGA, Elektro alle Phasen
DI Franz Tschöp: Gutachten Brandschutz
DI Erich Röhrer Zivilingenieur für Bauwesen: Gutachten Schallschutz
Dr. Pech Ziviltechniker GmbH: Gutachten Mauerwerk
DI Robert Wagner: Vermessung
GB-Consulting: Baukoordination
Kulmer Holz-Leimbau GesmbH: Holzbau (Kielsteg, Brettsperrholz, Kreuzlagenholz)
KOR Bau G.m.b.H: Baumeisterarbeiten
Günter Kitzler GmbH & Co KG: Stahlbau, Schlosserarbeiten
Hotec Installatins GmbH: Heizung, Kälte, Lüftung, Sanitär
Elektro Dogan GmbH I Integius Systems GmbH: Elektro, Photovoltaik, Windrad I Bussystem
Sicuro GmbH: HGV-Fassade Straße und Aufzug
Sageder Fenster- und Türenwerk GmbH: Fenster, Fenstertüren
Wögrath+Pfeifer GmbH: Spenglerei, Fassaden,- und Abdichtungstechnik
Fricke Gründächer- und Gartengestaltung: 0° und 45°-Gründächer, Innenhof- und bodengebundene Fassadenbegrünung
Peter Stojanovic GmbH: Heizestrich
H. Stocker GmbH: Kamine
Aufzüge Friedl GmbH: Aufzug
Ing. Wolfgang Ziegler Sengler - Fassade: Aufzugeinhausung
Felbermayr Transport- u. Hebetechnik GmbH & Co KG I Franz Haider GesmbH: Kran- und Hebearbeiten
Franz Markowitsch Ges. m. b. H.: Kranverleih
Emoton GmbH: Lehmputz
Durafloor Industrieboden GmbH I Liquidfloor Belcorp Croup s.r.o.: Steinholzboden I Industrieböden und -wände Sanitärbereiche
BTS Brandschutz Technologie Systeme GmbH I Holl Schlosserei und Sicherheitstechnik GesmbH: Schließsysteme
Wachauer Parkettdesign: Außenbeläge Holz, Holzstiege
J. Petz Steinsanierung: Fensterbänke Stiegenhäus
Stuckateur Trockenbau - Maler Koziol Bogumil: Trockenbauarbeiten
Malermeister Winkelhofer GmbH: Malerarbeiten
Mauersanierungen GesmbH: Mauertrockenlegung
... und noch weitere 20 Unternehmen, Behörden und Consulter:innen: DANKE an alle Beteiligten!

Eckdaten

Förderungen: Aufzug, Photovoltaikanlage, Wärmepumpe, Einzelverbesserungen
Bruttogrundfläche: 368,38m²
Bruttovolumen: 1.210,95m³
Wohnung Nutzfläche: 73,92m²
Maisonettewohnung Nutzfläche: 214,74m²
Balkone: 5,00m² | 6,4m² | 5m²
Terrassen: 10,20m² | 7,43m²
fGEE: 0,78 (A)
HWB ref, sk: 37,1 (B)
PEBsk: A+
CO2sk: A+
Auszeichnungen / Zertifizierungen: Preisträger*innen-Projekt „gebaut 2020“ – ausgelobt von MA19 – Architektur und Stadtgestaltung Wien
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